Schwerbehinderung

Nach dem Wortlauf des am 1. Juli 2001 in Kraft getretenen § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX werden nur Schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte Menschen vor einer Be- nachteiligung wegen ihrer Behinderung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses geschützt. Erst durch Art. 1 § 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 das am 18. August 2006 in Kraft getretenen Gesetzes zur Umsetzung Europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 (AGG) ist ein weiteres Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung geschaffen worden.

Im Unterschied zu der nach Art. 3 des Gesetzes weiter bestehenden Geltung des Verbots aus § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX gilt dies nicht nur für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellter, sondern für alle sonstigen behinderten Beschäftigten. Mit Urteil vom 3. April 43 2007 (- 9 AZR 823/06 -) hat der Neunte Senat entschieden, dass es einem öffentlichen Arbeitgeber in gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schon vor Inkrafttreten des AGG verwehrt war, eine Bewerberin um eine Stelle im öffentlichen Dienst wegen ihrer Behinderung (GdB 40) zu benachteiligen. Mit Erlass dieser Vorschrift war der deutsche Gesetzgeber der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nur unzureichend nachgekommen.

Nach der Richtlinie war ein allgemeiner Rahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung wegen der Behinderung in Beschäftigung und Beruf bis zum 2. Dezember 2003 zu schaffen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfasst der Begriff der „Behinderung“ i.S. der Richtlinie jede Ein- schränkung, die auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzu- führen ist und ein länger andauerndes Hindernis für die Teilhabe am Berufsleben bildet. Erst mit Inkrafttreten von § 1, § 7 Abs. 1 AGG ist die Bundesrepublik Deutsch- land ihrer Pflicht zur Umsetzung dieser Richtlinie nachgekommen. Die Pflicht zur ge- meinschaftsrechtskonformen Rechtsanwendung gebietet es jedoch, das Benachteiligungsverbot in § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX für die Zeit nach Ablauf der Umsetzungsfrist bis zum Inkrafttreten des AGG ohne Einschränkung auf alle Beschäftigten mit einer Behinderung anzuwenden. Diese können daher auch einen Anspruch auf Ent- schädigung gem. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX a.F. geltend machen.