Betriebsverfassungsrechtliches Zugangsrecht

Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dürfen Beauftragte einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft an Betriebs- oder Abteilungsversammlungen teilnehmen. Allerdings hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Beschluss vom 19. September 2006 (1 ABR 53/05) entschieden, dass nichttariffähige Arbeitnehmervereinigungen dieses betriebsverfassungsrechtliche Zutrittsrecht nicht erhalten.

Eine Gewerkschaft im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist nur eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung, also eine Organisation, die in der Lage ist, Tarifverträge abzuschließen. Nur diese Organisationen können die Rechte des Betriebsverfassungsgesetzes wirksam in Anspruch nehmen. Arbeitnehmervereinigungen, denen die für die Tariffähigkeit erforderliche soziale Macht fehlt, können diese Rechte nicht geltend machen.

Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 9 Abs. 3 GG, der die Betätigungsfreiheit von Vereinigungen schützt, sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG. Die Befugnisse der Gewerkschaften nach dem BetrVG dienen sowohl der betriebsverfassungsrechtlichen als auch der tarifrechtlichen Ordnung. Um diese Rechte effektiv auszuüben, benötigen Gewerkschaften nicht nur eine leistungsfähige Organisation, sondern auch die Fähigkeit, die komplexen Zusammenhänge zwischen Tarif- und Betriebsverfassungsrecht zu berücksichtigen.

Der Gesetzgeber durfte daher in typisierender Weise davon ausgehen, dass nur tariffähige Gewerkschaften über ausreichende Ressourcen und Kompetenzen verfügen. Aus diesem Grund wies der Senat den Antrag des nichttariffähigen Verbands der Gewerkschaftsbeschäftigten ab. Dieser hatte versucht, den Betriebsrat eines Landesbezirks der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft zu verpflichten, einem Verbandsbeauftragten gemäß § 46 Abs. 1 BetrVG Zutritt zu den Betriebsversammlungen zu gewähren.