In vielen Arbeitsverträgen taucht eine sogenannte Bezugnahmeklausel auf. Mit ihr verweist der Arbeitgeber auf einen Tarifvertrag. Für Arbeitnehmer ist es entscheidend, diese Klauseln zu verstehen. Sie bestimmen oft Rechte und Pflichten, die weit über den eigentlichen Vertragstext hinausgehen.
Arbeitgeber verwenden Bezugnahmeklauseln in der Regel in Formularverträgen. Damit gelten sie rechtlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Gerichte prüfen daher, ob die Klauseln wirksam sind.
Ein häufiger Irrtum: Arbeitnehmer müssen nicht zwingend den Tarifvertrag im Detail kennen. Nach dem Gesetz reicht die Verweisung im Vertrag aus, damit die Regelungen wirksam einbezogen werden.
Eine Bezugnahmeklausel darf nicht unverständlich formuliert sein. Verweist sie ohne Einschränkung auf einen bestimmten Tarifvertrag, gilt sie als klar und wirksam. Verweist der Tarifvertrag allerdings selbst auf weitere Regelwerke, entzieht sich diese Verweisung in der Regel der gerichtlichen AGB-Kontrolle.
Oft verweisen Arbeitgeber dynamisch auf Tarifverträge. Das bedeutet: Auch künftige Änderungen oder neue Tarifverträge gelten automatisch. Gerichte stufen diese Praxis nicht als überraschend ein, da sie im Arbeitsleben weit verbreitet ist.
Arbeitnehmer müssen jedoch mit typischen Änderungen rechnen, zum Beispiel mit Regelungen in Sanierungs- oder Rationalisierungstarifverträgen.
Gerichte legen Bezugnahmeklauseln objektiv aus. Sie fragen also: Wie versteht ein durchschnittlicher, redlicher Arbeitnehmer die Klausel? Gibt es jedoch eine klare, gemeinsame Vorstellung der Vertragsparteien, gilt diese vorrangig.
Nur wenn die Bedeutung unklar bleibt, könnte die sogenannte Unklarheitenregel greifen. In der Praxis ist das bei Bezugnahmeklauseln jedoch selten.
Enthält ein älterer Arbeitsvertrag (vor dem 1. Januar 2002) eine Bezugnahmeklausel, handelt es sich oft um eine Gleichstellungsabrede. Damit wollte der Arbeitgeber sicherstellen, dass auch nicht organisierte Arbeitnehmer die gleichen Tarifbedingungen erhalten wie Gewerkschaftsmitglieder.
In solchen Fällen gilt: Mehrere einschlägige Tarifverträge konkurrieren? Dann setzt sich der speziellere Tarifvertrag – meist ein Haustarifvertrag – durch.
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen neuen Inhaber über, übernimmt dieser die Bezugnahmeklausel. Arbeitnehmer stehen dann so, als wären sie selbst tarifgebunden. Allerdings verdrängen die beim Erwerber geltenden Tarifverträge die bisherigen Vereinbarungen – unabhängig davon, ob diese für Arbeitnehmer günstiger wären.
Für nach dem 1. Januar 2002 geschlossene Arbeitsverträge gelten strengere Regeln. Verweist der Vertrag dynamisch auf die jeweils gültigen Tarifverträge, bleibt der Arbeitgeber auch nach einem Austritt aus dem Arbeitgeberverband daran gebunden. Nur wenn der Vertragstext oder die Umstände klar etwas anderes zeigen, entfällt diese Bindung.