Mobbing am Arbeitsplatz gewinnt zunehmend an Bedeutung im Arbeitsrecht. Die rechtlichen Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind dabei komplex.
Der Achte Senat hat sich 2007 in zwei Entscheidungen mit Mobbing und dessen haftungsrechtlichen Folgen befasst. In der Entscheidung vom 16. Mai 2007 (8 AZR 709/06) stellte er klar: Mobbing ist kein eigenständiger Rechtsbegriff und keine Anspruchsgrundlage. Vielmehr handelt es sich um eine Zusammenfassung mehrerer Einzelakte, die zusammen das Persönlichkeitsrecht oder die Gesundheit des Arbeitnehmers verletzen.
Einzelne Teilakte können für sich rechtlich neutral sein. Fehlt jedoch die typische Systematik – etwa wenn verschiedene Vorgesetzte zeitlich nacheinander, aber unabhängig voneinander kritisieren –, liegt kein Mobbing im rechtlichen Sinne vor. Auch lange zeitliche Abstände zwischen den Teilakten können die Systematik unterbrechen. Ob das Gesamtverhalten eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, entscheidet der Tatrichter und ist nur eingeschränkt revisionsfähig.
Der Arbeitnehmer trägt die Beweislast für die Pflichtverletzung und die Kausalität. Der Arbeitgeber haftet sowohl für eigenes Handeln als auch für das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB.
Der Achte Senat erklärte weiter: Vertragsvereinbarte Ausschlussfristen gelten grundsätzlich auch für Schadensersatzansprüche wegen Persönlichkeitsverletzungen, einschließlich Mobbing. Da Mobbing aus mehreren Teilakten besteht, beginnt die Ausschlussfrist in der Regel erst mit der letzten Handlung.
In der Entscheidung vom 2007 (8 AZR 593/06) bestätigte der Senat, dass der Arbeitgeber für Schäden haftet, die ein Arbeitnehmer durch schuldhaftes Verhalten eines Vorgesetzten erleidet. Der Arbeitnehmer kann eine angemessene Geldentschädigung nach § 253 Abs. 2 BGB verlangen.
Der Senat lehnte einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Kündigung des Vorgesetzten ab. Eine Kündigung ist meist unverhältnismäßig und dem Arbeitgeber nicht zumutbar. Ausnahme: Die Kündigung wäre die einzige Maßnahme, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht und der Arbeitgeber müsste sie bei pflichtgemäßer Ermessensausübung ergreifen.
Der Arbeitnehmer hat auch keinen Anspruch auf einen neuen, herausgehobenen Arbeitsplatz, der seine berufliche Weisungsgebundenheit gegenüber dem Vorgesetzten aufhebt. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers schützt den Arbeitnehmer zwar vor Belästigungen, sie endet jedoch dort, wo Schutzmaßnahmen unmöglich oder unzumutbar wären.
Nach der Rechtsprechung des Achten Senats kann der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen Auflösungsverschuldens (§ 628 Abs. 2 BGB) auch eine Entschädigung für den Verlust des Bestandsschutzes umfassen, vergleichbar mit §§ 9, 10 KSchG.
In der Entscheidung vom 26. Juli 2007 (8 AZR 796/06) stellte der Senat klar: Ein Lohnrückstand kann einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Der Entschädigungsanspruch wegen Verlustes des Bestandsschutzes setzt voraus, dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet und dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung nicht selbst hätte beenden können. Ein später eröffnetes Insolvenzverfahren beeinträchtigt den Bestandsschutz nicht, da § 113 InsO keinen eigenständigen Kündigungsgrund darstellt.
Mobbing am Arbeitsplatz ist kein eigenständiger Rechtsbegriff, sondern beschreibt ein Zusammenspiel mehrerer Handlungen, die in ihrer Gesamtheit Persönlichkeitsrechte oder die Gesundheit des Arbeitnehmers verletzen können. Für Betroffene bestehen Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche, deren Durchsetzung jedoch an strenge Voraussetzungen wie die Beweislast und geltende Ausschlussfristen geknüpft ist. Arbeitgeber haften nicht nur für eigenes Verhalten, sondern auch für Pflichtverletzungen ihrer Vorgesetzten und Mitarbeiter. Gleichzeitig setzt die Rechtsprechung Grenzen: Weder besteht ein Anspruch auf die Kündigung des Vorgesetzten noch auf einen besonderen Arbeitsplatz ohne Weisungsgebundenheit. Entscheidend bleibt stets die Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.
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